Medizinisch

Diabetisches Fußsyndrom: Erkennung, Behandlung und Prävention

Diabetic foot syndrome: detection, treatment and prevention

 Einleitung

Wenn man von diabetischen Fußsyndrom spricht, dann versteht man darunter alle pathologischen Veränderung am Fuß eines Menschens, der unter Diabetes Mellitus und diabetischer Polyneuropathie leidet. Meist äußert sich das diabetische Fußsyndrom in Form von Wunden oder Wundbränden (Gangräne). Der diabetische Fuß ist eine direkte, schwerwiegende Folgeerkrankung von Diabetes und wirkt verschlechtert den Gesundheitszustand des Patienten meist fortschreitend. Prävention ist dadurch bei dieser Erkrankung äußerst wichtig.

Während die Anzahl von Amputation des Beins bei Diabetes-Patienten in Deutschland zurückgeht, so kommt das diabetische Fußsyndrom jedoch nach wie vor relativ häufig vor. Zwei bis zehn Prozent aller Menschen mit Diabetes leiden auch unter DFS. Falls diese Wunden nicht heilen kann dies langfristig zu einer gezwungenen Fuß- oder sogar Beinamputation führen.

Es gibt drei wesentliche Faktoren, die das diabetische Fußsyndrom beeinflussen:

· Die periphere Neuropathie (Nervenschädigung)

· Störungen der Durchblutung des Fußes

· Baktierielle Infektionen

Ca. 30-40 Prozent der DFS-Patienten haben eine Nervenerkrankung. Dadurch nehmen diese die Schmerzen an den Füßen oft kaum oder sogar gar nicht wahr. Die Abwesenheit jeglicher Schmerzen als Warnzeichen ist für Patienten oft irreführend und sie denken die Wunde wäre keine große Sache. Dies kann auch dazu führen, dass Ärzte Fehldiagnosen stellen.

Die Nervenschädigungen können auch zu Verformungen des gesamten Fußes, sowie des Fußskeletts führen. Dies wird als Charcot-Fuß bezeichnet. Hierbei kommt es zu chronischen Veränderungen der Fußgelenke, wodurch oftmals kleine Knochenbrüche entstehen, die von den Patienten aufgrund der fehlenden Schmerzempfindung nicht bemerkt werden.

Durchblutungsstörungen der Arterien sind bei DFS besonders gravierend. Falls ein Patient unter PAVK (Peripherer arteriellen Verschlusskrankheit) heilen seine Wunden sehr langsam und das Risiko einer unvermeidlichen Amputation steigt enorm. Ca. Die Hälfte der DFS-erkrankten Menschen leiden auch an PAVK. Wenn die Füße schlecht durchblutete sind, dann ist auch die körpereigene Abwehr beschränkt. Kleinere Wunden an den Füßen können dann sehr schnell bakterielle Entzündungen bekommen.

Wie wird Diabetisches Fußsyndrom diagnostiziert?

Damit der Hausarzt eine Diagnose des diabetischen Fußsyndroms stellen kann, fragt der Hausarzt zunächst nach der Krankengeschichte des Patienten und untersucht dann die Füße. Hierbei wird auf das Wachstum der Zehennägel, Druckstellen (vor allem in den Zwischenräumen der Zehen) und kleineren Hautwunden. Bei Verdacht kann er ggf. mit Tests überprüfen ob die Reflexe des Patienten eingeschränkt sind und ob eine Berührungs- oder Vibrationsempfindlichkeit vorliegt.

Oft misst er auch den Blutdruck der Fußarterien, um festzustellen, ob die Durchblutung der Unterschenkel und Füßen beeinträchtigt ist. Falls Wunden festzustellen sind, kann er mithilfe eines Wundabstriches feststellen, ob die Wunden bereits mit Bakterien besiedelt sind. Potenzielle Gefäßverengungen, die ja auch Teil des Syndroms sind, können durch bildgebenden Verfahren (wie Duplexsonographie) sichtbar gemacht werden. Mithilfe einer Pedograffie wird die Druckbelastung des Fußes gemessen. Hierzu erhält der Patient besondere Einlagen, die mit Sensoren vernetzt sind.

Überprüfung der Durchblutung

Wie erwähnt ist die Durchblutung der Füße und der Unterschenkel der entscheidendste Faktor für die Entwicklung und Heilung von DFS. Um den Gesundheitszustand der Gefäße zu ermitteln, gibt es diverse Untersuchungen:

Doppler-Sonographie

Eine Ultraschall-Untersuchung, mit der die Geschwindigkeit des Blutflusses in einem Blutgefäß schmerzfrei sichtbar gemacht wird.

Duplex-Sonographie

Diese ähnelt der Doppler-Sonographie. Hier kann nicht nur der Blutfluss, sondern auch der Verlauf des Blutgefäßes ermittelt werden.

Angiographie

Mit einem Kontrastmittel und einer Durchleuchtung durch Röntgen werden die Blutgefäße visualisiert und es können Verschlüsse oder Einengeungen der Blutgefäße festgestellt werden.

Fußpulse

Die Fußpulse des Innenknöchels und Fußrückens werden abgetastet. Der Arzt kann dadurch feststellen, ob diese Stellen stark durchblutet werden. Bei schwachen oder gar fehlenden Fußpulsen erfolgen meist genauere Untersuchungen.

Knöchel-Arm-Index

Hier wird eine Blutdruckmanschette am Arm angebracht und aufgepumpt. Der Blutfluss der Arterien wird dadurch temporär unterbrochen. Die Luft wird dann langsam abgelassen und sobald wieder Blut durch das Gefäß fließt, wird der Druck ermittelt. Folgend wird ein Index berechnet bei dem der Blutruck des Knöchels durch den Blutdruck wert des Armes geteilt wird. Bei gesunden Menschen ist der Blutdruck am Knöchel höher als beim Arm. Somit sollte bei Gesunden der Index größer als 1 sein. Ein niedriger Blutdruck am Knöchel deutet auf eine eingeschränkte Durchblutung hin.

Überprüfung der Nervenfunktion

Wie erwähnt ist bei vielen Patienten mit DFS auch eine Schädigung der Nerven nachweisbar. Der Hauptgrund für die Nervenschädigung ist ein chronisch schlechter Blutzucker. Somit ist auch die Überprüfung der Nervenfunktion für die Diagnose von diabetischen Fußsyndrom relevant. Die Nervenfunktion wird durch die Berührungs- und Vibrationsempfindlichkeit ermittelt.

Monofilament-Test

Mit einem Kunststoff-Faden wird der Tastsinn der Fußsohlen getestet.

Stimmgabel-Test

Anhand einer Stimmgabel kann die Sensibilität von Vibrationen ermittelt werden.

Reflex-Testung

Der Standard-Reflextest mithilfe eines Reflexhammers.

Was verursacht DFS?

Folgeerkrankung von Diabetes, wie DFS, entstehen, wenn der Diabetes unzureichend eingestellt wurde. Dann verursachen die hohen Blutzuckerwerte, der erhöhte Blutdruck und die erhöhten Blutfette Schäden an den Blutgefäßen und Nerven. Dadurch bilden sich Durchblutungsstörungen, die wiederum zur Gewebeschädigung führen. Durch die daraus resultierenden Nervenschädigungen entsteht eine gestörte Schmerzempfindung – wichtige Warnsignale des Körpers werden somit übersehen. Die erhöhten Blutzuckerwerte verschlechtern die Abwehrfunktion des Körpers, was das Risiko einer bakteriellen Infektion deutlich erhöht.

Neben den Schäden an den Nerven und Gefäßen spielt auch die Verformung des Fußskeletts und weitere externe Faktoren eine relevante Rolle bei der Entwicklung von DFS. Diese externen Faktoren können durch diverse Umständen verursacht werden, wie zum Beispiel zu engem Schuhwerk, Verletzung der Füße (z.b. durch Barfußlaufen) oder thermischen Schäden (heiße Wärmeflaschen).

Auch Rauchen und Bluthochdruck beeinträchtigen die Gefäßfunktion und dadurch auch die Durchblutung der Beine. Dies fördert ebenfalls die Entstehung von DFS.

Neuere Studien erkannten auch einen niedrigeren Sozialstatus (evtl. durch unzureichender Hygiene) einen Risikofaktor für diabetische Füße.

Wie kann man DFS verhindern?

Wer DFS verhindern will, sollte vor allem versuchen Diabetes zu verhindern. Dadurch sollte eine konsequente Einstellung des Stoffwechsels immer im Vordergrund stehen, mit dem Ziel einer Normoglykäme (Im Normbereich liegende Blutzuckerwerte). Ein gut geschulter Diabetiker mit der nötigen Motivation kann dies auch erreichen. Außerdem sollte der Patient seine Füße täglich kontrollieren und sich um die Pflege und Hygiene kümmern. Dadurch kann er chronische Schädigungen seiner Füße vermeiden. (aktive Verletzungsprophylaxe also).

Präventionsmaßnahmen des diabetischen Fußsyndroms:

1. Tägliche Fußinspektion

Verwenden Sie hierbei einen Spiegel, um auch die Fußsohle auf etwaige Verletzungen überprüfen zu können. Bereits bei Bagatellverletzungen, wie Blasen oder Schürfwunden, ohne hohen Krankheitswert, sollten sie als Diabetiker den Arzt aufsuchen.

2. Fußpflege

Für Diabetiker wird empfohlen, die Füße täglich zu kontrollieren. Falls Sie unter Sehstörungen sollten Sie Angehörige oder Freunde um Hilfe fragen. Falls Sie an den Füßen Risse, Wunden oder Druckstellen bemerken, kann dies ein Anzeichen für Fußsyndrom sein.

Für Diabetiker gehören folgende Maßnahmen zur guten Fußpflege:

· Kontrollieren Sie die Füße täglich auf Veränderungen

· Waschen Sie Ihre Füße täglich mit neutralen, rückfettenden Seifen für ca. fünf Minuten

· Tragen Sie Ihre Hornhaut regelmäßig mit Feilen ab

· Kürzen Sie Ihre Nägel mit der Feile

· Halten Sie die Zwischenräume Ihrer Zehen trocken

· Vermeiden Sie sehr heiße Fußbäder die Ihre Haut verbrühen und austrocknen können.

· Fetten Sie Ihre Füße mit Harnstoffsalben oder Schaum ein. Die Mittel sollten viel Fett, wenig Wasser, und keine Parfüms oder Emulgatoren enthalten.

· Tragen Sie Strümpfe mit hohem Baumwollanteil und wechseln Sie diese täglich

· Lassen Sie Hühneraugen ausschließlich von geschulten Fußpflegern entfernen und vermeiden Sie die Verwendung von Hühneraugenpflastern.

· Verwenden Sie bei Hautverletzungen keine Fußbäder und behandeln sie die verletzten Stellen mit Hautdesinfektionsmittel.

· Zeigen Sie Ihre Hautverletzungen unverzüglichen Ihren Arzt.

3. Verzichten Sie auf Wärmeflaschen oder Heizkissen.

Diese tendieren dazu Ihre Füße nur noch weiter auszutrocknen. Falls Sie unter kalten Füßen leiden, dann ziehen sie sich am besten Wollsocken an und vermeiden es barfuß zu laufen.

4. Kompressionsstrümpfe

Kompressionssockenaus Naturfasern ohne störende Nähte. Sie sind nicht nur bequem, sondern auch gesund, vor allem wenn durch ihrer Diabetes-Erkrankung ein erhöhtes DFS-Risiko besteht.

5. Die richtigen Schuhe.

Tragen Sie bequeme Schuhe, bei denen sich keine Druckstellen bemerkbar machen. Sie sollten Ihre Schuhe täglich auf Fremdkörper und Unebenheiten kontrollieren. Vermeiden Sie Schuhwerk mit einengenden Spitzen und tastbaren Innennähten. Kaufen Sie Schuhe Mittags oder Abends, da die Füße zu der Zeit etwas angeschwollen sind.

6. Jährliche Fußuntersuchung.

Im Gesundheitspass für Diabetes ist eine jährliche Fußuntersuchung beim Hausarzt und Diabetologen vorgesehen. Leisten Sie dieser Folge um eine potenzielle DFS-Entwicklung frühzeitig zu erkennen.

7. Behandeln Sie gestörte Sudomotorik

Sollten Sie an einer gestörten Schweißsekretion (Sudomotorik) leiden, dann ist es umso wichtiger für den Erhalt einer gesunden Haut, trockene Stellen mit Harnstoffsalben oder Schaum zu pflegen.

8. Vermeiden Sie scharfe Geräte Ihres Pediküre-Sets.

Nagelknipser, Hornhauthobel mit Rasierklingen, Hornhautzangen, Nagelscheren etc. sind für Diabetiker leider tabu. Die Nägel sollten Sie mit einer Feile kürzen und die Hornhaut mit einer Hornhautfeile entfernen.

9. Gehtraining

Aktives Gehtraining verbessert die Durchblutung enorm und somit die Gesundheit Ihrer Füße.

10. Bei Neuropathie, ab zum Podologen.

Falls sie bereits unter einerNeuropathie leiden, ist es enorm wichtig, dass ein qualifizierte Podologe Ihre regelmäßige Fußpflege übernimmt. Um Druckstellen zu vermeiden, sollte man sich in diesem Fall die Schuhe am besten bei einem orthopädischen Schuhmacher anpassen.

Wie wird DFS behandelt?

Bei der Therapie von DFS hat man normalerweise zwei Ziele im Auge:

1. Die Behandlung der Wunden.

2. Die Behandlung aller Begleiterkrankungen der Gefäße.

Die wichtigsten Elemente einer erfolgreichen Behandlung von DFS sind:

· Kontrolle des Stoffwechsel

· Chirurgische Reinigung der Wunden und die Entfernung abgestorbenen Gewebes

· Druckentlastung

· Behandlung peripherer Gefäßerkrankungen

· Schulung des Patienten (Fußpflege, Blutzuckereinstellung, etc.)

· Medizinische Fußpflege eines Podologen

Am aller wichtigsten ist es, dass die Blutzuckerwerte des Patienten optimal und konsequent eingestellt werden und andere Grunderkrankungen behandelt werden. Falls Störungen der Durchblutung vorliegen, so wird der Arzt mit hoher Wahrscheinlichkeit die Einnahmen von Medikamenten zur Blutverdünnungempfehlen. Außerdem wird er Ihnen empfehlen geeignetes Schuhwerk zu tragen und mit diesem Gehtraining auszuüben, sofern keine Fußwunden existieren.

Falls es offene Wunden gibt, wird oftmals Bettruhe und die Verabreichung eines Antibiotikums vorgesehen, um den Heilungsprozess so gut es geht zu unterstützen. Das Schuhwerk sollte unbedingt gute Einlagen und Entlastungspolster haben.

Wegen der Ernsthaftigkeit und der interdisziplinären Komplexität von DFS muss der Patient meist durch mehrere Spezialisten betreut werden. U. a. Diabetologen, Gefäßchirurgen, Angiologen, Infektionsspezialisten, Fußorthopäden und Neurologen.

In extremen Fällen müßen Gliedmaßen sogar amputiert werden. Laut der Deutschen Diabetes-Gesellschaft werden in Deutshcland unnötig viele Amputationen in Folge einer Diabeteserkrankung durchgeführt. Um die Häufigkeit der Amputation zu senken, wird ein verpflichtendes Zweitmeinungsverfahren vor einer Amputation gefordert. Es gibt spezialisierte Zentren, in denen Expertenteams einen Großteil der notwending Therapien abdecken und somit Zusammenarbeiten um potenzielle Amputationen zu vermeiden.

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